Tuesday, April 11, 2006

Die Probleme der Immigranten

Fareed Zakaria, 03.04.2006



Vor sieben Jahren als ich Deutschland besuchte, traf ich auf einen Beamten, der mir erklärte, wie das Land zu seinem ökonomischen Elend eine handfeste Lösung gefunden hatte, um die Staatswirtschaftlichen Probleme zu beseitigen.
Die Deutschen hatten sich entschieden, nachdem sie in den 90ern den Wirtschaftsaufschwung Amerikas beobachteten, auch der Weg der Hightech einzuschlagen. Aber WIE? In den späten 90ern schien die Antwort offensichtlich, die Lösung: Inder. Im Allgemeinen investieren indische Unternehmer der Hochtechnologien in jedes drittes Silicon Valley Projekt.
Und so hat sich die deutsche Regierung entschlossen, Inder zu sich nach Deutschland zu locken, wie die Amerikaner, durch einen unbefristeten Aufenthalt. Hier für haben deutsche Beamten etwas erschaffen, dass sie Grüne Karte (Green Card) benannt haben. Sie verkündigten, dass im ersten Jahr 20 000 Karten zu Verfügung stehen sollen.
Die Deutschen rechneten damit, dass Zehntausende von Inder für so eine Gelegenheit, um nach Deutschland zu kommen, beten würden. Vielleicht müsste man später sogar die Anzahl der zur Verfügung gestellten Karten, erhöhen. Aber dieses Programm war zum Scheitern verurteilt. Ein Jahr später wurde nicht einmal die Hälfte von den 20 000 Karten verteilt. Nach einigen Verlängerungen wurde das Programm abgeschafft.

Ich erklärte dem deutschen Beamten, dass ich schon zu dieser Zeit überzeugt war, dass diese Version der Grünen Karte auf den Markt keine Überlebenschance hat. Es ist nicht so, dass ich eine besondere Sachkenntnis in der Immigrationspolitik hatte, aber ich verstand etwas über die Grüne Karte, weil ich selbst eine besaß – allerdings die amerikanische Version. Meines Erachtens war die deutsche Green Card falsch benannt. Mein Argument, die deutsche Green Card ermöglichte niemals, unter keinen Umständen die deutsche Staatsbürgerschaft. Die amerikanische Version der Green Card ermöglichte es im Vergleich schon fast von selbst ein Teil von Amerika zu werden (nach fünf Jahren und ein sauberen Lebenslauf).

Der Beamte war nicht meiner Ansicht. Er sagte, es sei unmöglich, dass Deutschland diesen Leuten eine Staatsbürgerschaft anbietet. „Wir brauchen junge technische Arbeiter“, sagte er. „Das ist der Sinn dieses Programms“. Aus diesem Grund bat Deutschland dynamische, intelligente, junge Fachleute ihr Land, ihre Kultur und ihre Familien zu verlassen. Mehr als tausende Kilometer entfernt, eine neue Sprache zu lernen und in einem fremden Land zu arbeiten – aber ohne Aussicht jemals ein Teil von ihrem neuen Zuhause zu sein.
Deutschland sendete damit eine Botschaft. Eine, die in Indien und in andern Ländern empfangen und ganz genau verstanden wurde, die auch bei Deutschlands eigenen Einwanderer ankam.

Einige Amerikaner waren von dem europäischen Immigrationssystem fasziniert, aber jedoch ohne sie jemals wirklich richtig zu verstehen. Die Gastarbeiter, die Strafen, die Sanktionen und Ausweisung sind alles ein Teil der Methode, wie sich Europa gegenüber den Immigranten verhält.
Das Ergebnis dieser Folgen hat sich besonders letzte Woche in Frankreich gezeigt, als jugendliche Immigranten Autos anzündeten. In ganz Europa sieht man isolierte, verärgerte Immigranten, die sich dem Radikalismus zuwenden. Die Immigranten verdienen mit Sicherheit einen angemessenen Anteil an der Schuld, aber wir stehen hier vor einem Zyklus, der sich dreht. Die europäische Gesellschaft schließt die Immigranten aus, die dadurch entfremdet werden und ihre eigene Herkunft zurückweisen.

Einer der Rätsel von Amerika ist, dass nach dem 11. September kein einziger terroristischer Anschlag in den USA vorkam – nicht mal eine Explosion, die durch eine Schultasche im Kino verursacht wurde – im Vergleich dazu, duzende Anschläge in Europa.
Meiner Erklärung nach sind amerikanische Immigranten, darunter auch Araber und Moslems, nicht radikal (selbst wenn es zu einem Anschlag kommt, passiert viereinhalb Jahre lang nichts. Das ist der Beweis dieser Relation.). Die Vereinigten Staaten dagegen, verglichen zu allen anderen Ländern der Welt, löst das Immigrantenproblem in einer herrlichen Art und Weise. Wollen wir wirklich die amerikanische Vorgehensweise aufgeben, um den franzosischen Weg einzuschlagen?

Die USA hat ein reales Problem mit illegalen Einwanderern, besonders mit denen, die aus Mexiko kommen (70% der illegalen Immigranten kommen aus diesem Land). Aber lassen sie uns diese Situation durchschauen. David Kennedy, ein Historiker von der Stanford Universität schreibt: „Der Einkommensunterschied zwischen den USA und Mexiko ist der größte zwischen zwei geografisch angrenzenden Ländern in der Welt“. Diese große Differenz zwischen beiden Länder ruft eine massive Nachfrage der USA hervor. Dagegen decken Mexiko und Mittelamerika massiv ihren Bedarf.
Jedes mal, wenn die Regierungen versuchen sich zwischen diese beide Kräfte einzumischen - denken Sie an den Drogenhandeln - führt die Verschärfung der Gesetzte zu keiner Lösung. Eine strenge Grenzüberwachung ist eine ausgezeichnete Idee, aber, sie umzusetzen ist, ohne die Gesetze von Angebot und Nachfrage zu berücksichtigen, schwierig. Dies würde bedeuten, es müsste eine größere Anzahl von legalen Immigranten gewährleistet werden.

Allein über diese ökonomische Aussage hinaus, gibt es noch etwas viel Tiefgründigeres, das Amerika – zu sich, zu seinen Immigranten und zur Welt- definiert. Wie werden wir mit denjenigen umgehen, die jetzt schon in unserem Land sind, mit uns leben und arbeiten und bereits eine Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung haben? Genau diese Menschen sollten ein bisschen Hoffnung in sich tragen können, einen angemessenen Weg zu finden auch ein Teil von Amerika zu werden. Ansonsten bekommen diese Menschen von uns das Signal gesendet, dass sie nicht Willkommen und für die amerikanische Staatsbürgerschaft nicht geeignet sind und das Gefühl vermittelt, das was wir wirklich brauchen sind nur Arbeiter – ohne jegliche Aussicht Amerikaner zu werden. Am Ende landen wir bei einer Situation, indem die Immigranten ein abgekühltes Verhältnis zu Amerika haben.




Über den Autor,
Fareed Zakaria, Dr., ist Chefredakteur von Newsweek International und politischer Kommentator beim Nachrichtensender ABC News. Er lebt in New York. Geboren 1964 in Bombay, hat Zakaria an der Universität Harvard in Politikwissenschaft promoviert und internationale Beziehungen sowie politische Philosophie gelehrt, bis er leitender Redakteur der international renommierten Fachzeitschrift Foreign Affairs wurde. Seit Oktober 2000 verantwortet er als Chefredakteur von Newsweek International dessen überregionale Ausgaben und erreicht damit rund 3,5 Millionen Leser weltweit. Zakaria schreibt regelmäßig für Newsweek, New York Times,Wall Street Journal und New Yorker. Zakarias journalistische und schriftstellerische Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet.


Original text:
http://www.msnbc.msn.com/id/12114153/site/newsweek/